Klimaforschung:-17,7 Grad: Was steckt hinter der Rekordtemperatur in der Antarktis?

Lesezeit: 2 min

Treibender Eisberg in der Antarktis. (Foto: imago stock&people/imago/Nature in Stock)

An einigen Messstationen ist es über 30 Grad wärmer als im langjährigen Mittel zu dieser Jahreszeit. Fachleute sind verblüfft.

Von Hanno Charisius

Von diversen Messpunkten in der Ostantarktis sind in den vergangenen Tagen Temperaturrekorde gemeldet worden. Mehr als 30 Grad höher als im langjährigen Mittel lagen die Temperaturen seit Ende der Woche vielerorts, und zwar mehrmals. An der russischen Forschungsstation Wostok zum Beispiel, wo im arktischen Winter des Jahres 1983 mit -89,3 Grad Celsius die niedrigste jemals auf der Erde gemessene Temperatur registriert wurde, war es am vergangenen Freitag -17,7 Grad warm. So warm wie noch nie in den zurückliegenden 63 Jahren, seit dort die Temperaturen aufgezeichnet werden. Zu dieser Jahreszeit werden dort normalerweise durchschnittlich -53 Grad Celsius gemessen. Die bisherige Höchsttemperatur im März lag gut bei unter -30 Grad.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Mit dem nahenden Ende des antarktischen Sommers müssten die Temperaturen um den Südpol aktuell eigentlich drastisch fallen. Das aktuelle Ereignis sei "völlig beispiellos", sagte der Geowissenschaftler Jonathan Wille von der Universität Grenoble der Washington Post, "es hat unsere Erwartungen an das antarktische Klimasystem auf den Kopf gestellt". "Ich habe bisher nichts Vergleichbares gesehen", sagt auch der Glaziologe Ted Scambos von der University of Colorado.

Wille sieht einen Zusammenhang der aktuellen Entwicklungen in der Antarktis mit der außergewöhnlichen Hitzewelle, die im vergangenen Sommer Kanada und Teile der USA ergriffen hatte. Klimatologen hatten damals berechnet, dass diese ohne den Einfluss der Erderwärmung praktisch unmöglich gewesen wäre. Fachleute halten es für wahrscheinlich, dass die hohen Temperaturen in der Antarktis durch eine Strömung in der Atmosphäre ausgelöst wurden, die feuchte und warme Luft vom Pazifik in den Süden pumpte. Diese Luftmassen prallten am vergangenen Dienstag auf den Kontinent und brachten heftige Niederschläge.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Ein Hochdrucksystem hatte die feuchten Luftmassen vor dem Wochenende über der Ostantarktis blockiert, weswegen sie nicht abfließen konnten. Fachleute erwarteten, dass dieses System im Verlauf des Wochenendes zusammenbrechen würde und die Warmluft schließlich abfließen könnte. Wille sagt, auf diese Weise werde häufiger Warmluft über die Antarktis geleitet, doch bislang nie derart intensiv. "So etwas haben wir noch nie zuvor gesehen."

Ob die Hitzewelle in der Antarktis tatsächlich durch den Klimawandel ausgelöst wurde, lässt sich nicht beweisen. Allerdings werden weltweit Hitzewellen durch die Erderwärmung häufiger und intensiver. Die Polkappen heizen sich dabei noch schneller auf als der Rest der Welt. Auch die Ausdehnung des antarktischen Meereises hat in diesem Februar den niedrigsten Punkt seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1979 erreicht. Über den gesamten Monat betrachtet lag die Ausdehnung des Eises um 27 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020. Satellitenmessungen zeigen, dass einige Gletscher in der Antarktis schneller schmelzen als in den Alpen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Fund der "Endurance"
:Ahoi, Vergangenheit!

Eine Expedition findet vor der Antarktischen Halbinsel in 3000 Meter Tiefe das Wrack des 1915 gesunkenen Schiffs "Endurance". Der Polarforscher Ernest Shackleton hatte damals mit seinem spektakulären Überlebenskampf für Aufsehen gesorgt.

Von Moritz Geier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: